VON MENSCHEN UND GÖTTERN

Von Menschen und Göttern ist ein internationales Mythen,- Sagen, – und Märchenprojekt von Vougar Aslanov.

Das ist ein Zy­klus der von Vougar As­la­novs Erzählungen, die er nach den Motiven der My­then, Sa­gen und Mär­chen aus dem al­ten Zwei­strom­land und dem al­ten Ägyp­ten, aus In­di­en, China, Zen­tral­asi­en, dem Kaukasus so­wie nach den alt­ger­ma­ni­schen Epen geschrieben hat. Die Scham­anen-Ge­schich­ten aus Si­bi­ri­en schlie­ßen den Zy­klus ab.
Das Ge­heim­nis der Welt ist in den My­then ver­schlüs­selt. Wer aber mit den My­then ar­bei­tet, äh­nelt ei­nem Domp­teur, der Lö­wen dres­siert. So wie in je­dem Au­gen­blick ein Domp­teur von Lö­wen zer­ris­sen wer­den kann, kann auch ein Mensch, der mit den al­ten My­then arbeitet, von ih­nen ver­schlun­gen wer­den. Er gleicht auch einem Taucher, der zu tief in Meer hinabtaucht, viele kehren nie wieder zurück. Wie ein mäch­ti­ger Oze­an eine Stadt über­schwemmt, so kön­nen auch die My­then die Per­sön­lich­keit des Men­schen über­flu­ten. Wo­durch wird dies ver­ur­sacht? Hat man erst ein­mal die Kraft, Ener­gie und Schön­heit, die in My­then ver­steckt ist, ent­deckt, kann man da­von fas­zi­niert wer­den. Sie können es aber nicht vorstellen, was für ein Ri­si­ko Sie ein­ge­hen, wenn Sie tief in ei­nen My­thos ein­tau­chen. In der Welt der My­then herrscht ste­te Har­mo­nie, es gibt kei­ne Fra­ge, die sie nicht be­ant­wor­ten.
Er­grei­fen die My­then je­doch die  Macht über Ihre Per­sön­lich­keit, wird die Fas­zi­na­ti­on zur un­still­ba­ren Sehn­sucht, die Be­geis­te­rung zur wah­ren Be­ses­sen­heit. Das ist die gro­ße Ge­fahr. Des­halb will wohl über­legt sein, ob man sich in ei­nen My­thos ver­tieft oder es bes­ser sein lässt?
Dennoch gehen manche diesen gefährlichen, abenteuervollen Weg.

Flut und Sterblichkeit

In Uruk, im Tem­pel des Ober­got­tes En­lils, ver­sam­mel­te ei­nes Ta­ges der Ober­pries­ter Kun­tesch sei­ne Ge­mein­de um sich. Er trom­mel­te, als don­ne­re es vom Him­mel, so laut und so ra­send rief er­ nach den Göt­tern, als wol­le er die­se auf den Al­tar nie­der­brin­gen. Wäh­rend er wei­ter trom­mel­te, sprach Kun­tesch:
„O, wie groß wa­ren die Ta­ten in der Ver­gan­gen­heit und die­se Welt wur­de nach dem Wil­len der Göt­ter ge­schaf­fen. Die Göt­ter selbst schuf einst ihr Va­ter Him­mel von ih­rer Mut­ter Erde. Die Göt­ter wur­den unsterb­lich er­schaf­fen und leb­ten sor­gen­los. Als aber ein­mal ihr Vor­rat fürs Es­sen und Trin­ken zu Ende ging, wur­den sie nach­denk­lich: soll­ten sie nicht ein We­sen schaf­fen, das ih­nen ähn­lich wäre und für sie ar­bei­te­te? Das soll­te aber ein schwa­ches We­sen sein, das ih­nen die­nen und für sie ar­bei­ten wür­de; so brauch­ten sie selbst nicht ar­bei­ten und nicht ans täg­li­che Brot den­ken. Im Göt­ter­rat, den der gro­ße Gott En­lil lei­te­te, wur­de ent­schie­den, ein We­sen ähn­lich den Göt­tern zu schaf­fen, das aber viel schwä­cher sein müss­te als die Göt­ter und auch sterb­lich, da­mit man es leicht un­ter­ord­nen kön­ne. Die­ses neue We­sen dürf­te nicht im Him­mel, son­dern müss­te auf der Erde le­ben. Man fand auch ei­nen Na­men für die­ses We­sen: Mensch. Sei­ne Auf­ga­be war es alle Schwie­rig­kei­ten des Le­bens auf der Erde zu be­wäl­ti­gen, zu ar­bei­ten, Tie­re zu hal­ten, zu ackern und zu ern­ten, den größ­ten Teil der Ern­te müss­te er aber den Göt­tern zum Op­fer brin­gen. So be­gann das Le­ben die­ses We­sens, von den Göt­tern Mensch ge­nannt, auf der Erde. Je­nes Le­ben war voll von gro­ßen Mü­hen und Sor­gen, in ihm wa­ren Trau­er und Kum­mer. Sein Schick­sal war von Göt­tern ab­hän­gig, er war nicht Herr über sich; das, was er hat­te, auch sei­ne Fa­mi­lie, ge­hör­te ihm nur für den Lauf sei­nes Le­bens. Der Preis für alle sei­ne schwe­ren Mü­hen und Lei­den, die er er­tra­gen muss­te, war der Tod, der nach ei­nem kur­zen Auf­ent­halt auf der Erde folg­te und ihm al­les wie­der ent­zog.
Aber es kam der Tag, an dem die Men­schen, de­ren Zahl auf der Erde im­mer grö­ßer wur­de, den Göt­tern Angst mach­ten. Sie fürch­te­ten, dass die Men­schen ei­nes Ta­ges den Wunsch hät­ten, das Ge­heim­nis der Unsterb­lich­keit zu ent­de­cken um die Macht im Him­mel selbst zu er­grei­fen…“

Die Verbrennung der Schlangen

Eins kam Kadru zu Schlangen – ihren Kindern und sagte:

„Ich weiß nicht, was mich dazu zwang, aber ich habe nun mit meiner Schwester Winata gewettet, wenn wir morgen feststellen, dass das göttliche Pferd einen schwarzen Schwanz hat, wird sie zu meiner Sklavin. Das Pferd hat aber wirklich einen weißen Schwanz wie Winata sagte und deswegen würde ich selbst zur Sklavin meiner Schwester, wenn ich nichts dagegen unternehme. Ihr musst morgen früh zur Insel im Meer gehen und den Schwanz des Pferdes so umwickeln, dass dieser aus der Ferne ganz schwarz aussieht“.

Ihre Kinder erfüllten jedoch die Erwartung der Mutter nicht. Die Antwort ihrer Kinder machte Kadru sehr wütend und sie schrie empört:

„Ich verfluche euch alle, meine Kinder – alle Schlangen wegen dieser Ungehorsamkeit und Unachtung der Mutter gegenüber! Es kommt die Zeit, in der ihr alle verbrannt werdet“.

Die Schlangen hatten das nicht erwartet und fragten die Mutter, was das bedeuten sollte. Darauf antwortete Kadru ihren Söhnen und Töchtern:

Es kommt Dschanamedschaja, der Schlangen-Vernichter,
Für die Schlangen-Sippe wird er ein grausamer Richter.
Er kommt einst, der Herrscher, er kommt in seiner Zeit
Und die Giftigen er dann wirklich ins Feuer treibt.

Bald im Verlag Edition Outbird

 Die Geschichte von Diaus

Bhi­schma, eine der wich­tigs­ten Fi­gu­ren aus dem Ma­hab­ha­ra­ta, der als Groß­va­ter der Kur­awas und der Pan­da­was gilt, lebt in ei­nem tie­fen Kon­flikt. Er glaubt an Dhar­ma, das aus fünf Prin­zi­pi­en bes­teht: Wis­sen, Lie­be, Ge­rech­tig­keit, Treue und Ge­duld; er dient aber wei­ter­hin dem Thron von Has­ti­na­pur, des­sen Thron von sei­nen Ver­wand­ten be­herrscht ist, die ge­gen Dhar­ma sind.  Die Lei­den Bhischmas sind un­end­lich, er ver­steht nicht, war­um er so ein Schick­sal hat. Er weiß auch nicht, dass er frü­her Gott Di­aus war und im Him­mel leb­te.  Der Gott Di­aus war einst mit sei­ner schö­nen Frau und sie­ben an­de­ren Göt­tern un­ter­wegs auf der Erde. Ei­nes Ta­ges ka­men sie in den Wald, in dem der Wei­se Wasischtha als Ein­sied­ler leb­te. Der Weise war ge­ra­de in tie­fer Me­di­ta­ti­on als die Him­mels­be­woh­ner sei­ne Kuh mit ihrem Kälbchen zusammen in den Bü­schen ent­deck­ten. Die schö­ne schnee­wei­ße Kuh fas­zi­nier­te die Göt­ter so, dass sie, al­les ver­ges­send, nur noch die­se be­wun­dern woll­ten. Die Frau von Diaus sprach zu ih­rem Mann:
„Wie ge­recht ist das, dass Wasischtha so eine schö­ne Kuh hat, aber wir nicht? Ich möchte sie und ihr Kälbchen meiner Freundin schenken; sie ist sehr arm.“.

Bald im Verlag Edition Outbird