Vougar ASLANOV
DER SOHN DES ARZTES
In dem kleinen Städtchen war der Beruf des Arztes der angesehenste. Doch wussten die Menschen zwischen den guten und den weniger guten Ärzten zu unterscheiden, und sie gingen natürlich zu den guten. Und es gab einen Arzt, der als erfahrener als alle anderen galt. Er praktizierte jahrelang im Städtchen und versetzte alle in Erstaunen, dass er ohne über besondere medizinische Apparate zu verfügen, Diagnosen stellte, die auch bei späteren Untersuchungen in großen, gut ausgestatteten medizinischen Einrichtungen bestätigt wurden. Gewöhnlich untersuchte er die Patienten nicht lange, auch wenn er, wie alle anderen Ärzte, Herz und die Lunge abhörte, sich die Zunge zeigen ließ und sich die Farbe des Teints ansah. Doch hatte er seine Untersuchungen beendet, hörte er aufmerksam den Klagen der Patienten zu, und während er ihnen direkt in die Augen sah, erläutete er, was er über ihren Zustand dachte und was sie für ihre Gesundung tun sollten. Auf seine Diagnose wartete die Bewohner des Städtchens wie auf ein Urteil und harrten voller Spannung seinen Worten. Er war langsam, ließ alle warten und sagte lange nichts, als ob er sich bemühte, eine Krankheit in der Tiefe zu verstehen. Die dem Kranken Nahestehenden fürchteten nichts so sehr, als dass er sich schweigend damit begnügte, traurig den Kopf zu schütteln. Denn dies bedeutete, dass dem Menschen schon nicht mehr zu helfen war und er bald sterben würde.
Manchmal wollten die Verwandten des Kranken dem Arzt nicht glauben und brachten den Armen in die berühmtesten und teuersten Heilanstalten in der größten Stadt des Landes, und in der Tat, oft bewirkten die dort angewandten Heilmethoden eine Besserung. Dann streuten sie Gerüchte, dass der Ruhm des Arztes unbegründet sei, da sich von ihm gestellte Diagnose einer unheilbaren Krankheit nicht bewahrheitet habe, wovon der jetzige Zustand des Kranken zeuge, der nach der Heilung durch fähigere Ärzte nach Haus zurückgekehrt sei, sein Leben fortsetzte und die Krankheit nach und nach vergesse. Doch es verging nur wenig Zeit, und der Zustand des Menschen verschlechterte sich wieder; diesmal schaffte man es gewöhnlich nicht mehr, den Kranken rechtzeitig zu den Ärzten zu bringen, die ihm das weitere Leben versprochen hatten, und er starb. Über die Jahre hinweg untermauerten solche Fälle den Ruf des ungewöhnlichen Arztes, und die Menschen neigten immer mehr dazu, ihm zu vertrauen und daran zu glauben, dass er sein Handwerk gründlich verstünde. Wenn die Leute krank wurden, hofften sie in der Hauptsache auf ihn, und viele heilte er wirklich, indem er ihnen einige Medikamente oder Heilpflanzen verordnete. Wenn er aber seine Ohnmacht fühlte, wollte er das nicht verbergen und die Nächsten des Kranken nicht umsonst beruhigen.
Diesem Arzt, in seinem langen Leben, wurden nacheinander drei Töchter geboren. Doch es war sein allergrößter Wunsch, einen Sohn zu haben, und wirklich brachte seine Frau das vierte Mal nach der Geburt einen Jungen nach Hause. Seine Freude war ohne Grenzen, das ganze Städtchen freute sich über dieses Ereignis, und alle hintereinander beglückwünschten ihn. Er richtete ein großes Fest zur Geburt des Sohnes aus und lud dazu viele Einwohner des Städtchens ein. Der Sohn wuchs heran, und alle sagten von ihm, daß er seinem Vater sehr ähnelt und wahrscheinlich in der Zukunft in seine Fußstapfen treten wurde und Arzt wird. Das Kind jedoch sprach sehr lange nicht, es war allzu träg. Erst als es fünf Jahre alt war, verstand der Arzt, daß sein Sohn unter einer angeborenen Geisteskrankheit leidet. Das war wahrscheinlich die größte Erschütterung in seinem Leben. Er hatte noch nie die Menschen behandelt, die an derartigen Krankheiten litten, da nur die Behandlung der körperlich Kranken zu seiner Aufgabe gehörte. Doch ungeachtet des Zuredens der Verwandten, die über einige Jahre auf ihn einredeten, schickte er den Sohn nicht in eine Klinik für Geisteskranke, da er seine Krankheit für unheilbar hielt.
Im Städtchen galt der Arzt nicht nur als Kenner seines Fachgebiets, sondern auch als ein weiser Mann, der viel von der vergangenen und gegenwärtigen Welt kannte. Auf vielen Versammlungen, die im Städtchen veranstaltet wurden, zitierte er oft die Verse bekannter Dichter, die Sprüche der Weisen oder erzählte verschiedene historische Ereignisse , aus denen man etwas lernen konnte. Man hörte ihm immer aufmerksam zu, und später erzählten viele Geschichten anderen und fanden dabei ein weniger sachkundiges, aber um so neugieriges Auditorium. Der beste Arzt des Städtchens fuhr fort, die Leute zu heilen und bei vielen gelang es ihm wirklich, ihnen zu helfen; dabei verbarg er vor ihnen seinen unheilbaren Kummer. Und sein Sohn wuchs auch weiter. Wie mir später sein Nachbar erzählte, betete er damals oft zu Gott, dass er dieses wahnsinnige Wesen aus seinem Leben verschwinden lassen möge, was bedeutet, dass er seinen Tod wünschte. Doch trotz seines Wunsches lebte das Kind, und aller Wahrscheinlichkeit nach drohte ihm in nächster Zukunft nicht der Tod. Der Arzt machte ihn zum Hausarrestanten; im Unterschied zu vielen anderen Geisteskranken, die frei durch die Straßen des Städtchens wanderten, ging der Sohn des Arztes sehr selten aus dem Hof hinaus, wo sich sein monotones Leben hauptsächlich abspielte.
Das Leben der geisteskranken Bewohner des Städtchens unterschied sich jedoch völlig vom Leben der anderen Bevölkerung und hatte seine Besonderheiten. Den größten Teil ihrer Zeit verbrachten sie auf der Straße, nicht weit von jenen Orten entfernt, wo sich die Menschen versammelten, unter die sie sich jedoch nicht mischten. Sie sich wahrten einen bestimmten Abstand zu ihnen. Doch hier verhielt man sich noch nicht einmal so schlecht zu ihnen. Einen Menschen zu verspotten oder auszulachen, der, wie die Bewohner des Städtchens meinten, von Gott selbst betrogen worden war, galt als etwas Unanständiges, sogar als Sünde. Außerdem glaubten die Bewohner des Städtchens noch daran, daß geisteskranke Menschen irgendeine übernatürliche Kraft besitzen, die ihnen als Ausgleich für diesen angeborenen Mangel gegeben wurde. Wenn sie, wie so oft, die Zukunft nach der Erfüllung irgendeines Wunsches befragten, versprachen sie beim Eintreffen dieser Erfüllung, einen Geisteskranken oder mehrere von ihnen zu belohnen. Und manchmal hofften die Leute darauf, daß sie, wenn sie diesen Kranken kleine Geldsummen spendeten, einen Teil ihrer Sünden abwaschen könnten. Außerdem waren die Geisteskranken von allen Verpflichtungen befreit, von jeder Art von Zwangsarbeit, die die anderen Bewohner immer wieder leisten mußten, weil dies vom Staat angeordnet wurde. Auch mussten die Geisteskranken keine Verantwortung für ihre Taten tragen, weder vor der Stadtgemeinde noch vor dem Gesetz. Wenn einer dieser Kranken etwa einen Menschen ermordet hätte, wäre dennoch kein Urteil über ihn gesprochen worden, sondern man hätte ihn nur zur Zwangsbehandlung in die Stadt geschickt, die einige Kilometer vom Städtchen entfernt lag und in der sich ein Heilanstalt für Geisteskranke befand. Sie dachten auch nicht an das tägliche Brot und daran, wie und womit man seinen Lebensunterhalt verdienen muss. Außer den Spenden, die man, zur Ehre der Spender sei es gesagt ,genügend gab, war es üblich, sie mit warmem Essen und Getränken zu bewirten, wenn sie vor den standen und hinein sahen. So gaben sie sogar das ihnen zugesteckte Geld kaum aus, und wenn sie es ausgaben, dann größtenteils für den Kauf größerer Leckereien, die ihnen niemand umsonst anbot.
Augenscheinlich genossen die Geisteskranken des Städtchens (mit Ausnahme der aggressiven, von denen man glaubte, sie ins Krankenhaus schicken zu müssen), mehr Vorteile und Privilegien als seine Normalbürger, deren Leben durch zu viele Verbote und Forderungen seitens der bürgerlichen Moral wie der Staatsmacht mehr als schwer erschien. Und es ist kein Wunder, dass die Leute manchmal im Scherz sagten, dass es gut gewesen wäre, als Geisteskranker geboren zu sein und all seine Sorgen auf die vernünftigen Leute legen zu können. Doch Scherz beiseite – einmal begann ein junger Bewohner des Städtchens sich so zu benehmen, wie es bei Geisteskranken üblich ist. Das war hier eine ungewöhnliche Erscheinung und geschah sehr selten. Die erst in späteren Jahren und nicht von ihrer Geburt an Erkrankten begaben sich gewöhnlich zur Heilung ins Krankenhaus, von wo kaum jemand zurückkehrte. Und die Gründe dafür waren verschieden. Vor allem war es schwer für das Städtchen, einen Menschen, der nicht so geboren war, sondern erst später den Verstand verloren hatte, als Kranken anzuerkennen; deshalb war auch eine Rückkehr aus dem Krankenhaus für sie unerwünscht.
Der Mensch, der in späteren Jahren seinen Verstand verloren hatte, sollte aus dem „Irrenhaus“, wie man diesen Ort im Volksmund nannte, entweder geheilt zurückkehren oder immer Patient dieser Anstalt bleiben, in der man es nicht besonders liebte, die Insassen zurückzuschicken. Doch bevor man manchmal die Menschen, die sich als krank gezeigt hatten, ins Krankenhaus schickte, mussten sie sich einer bestimmten Prüfung unterziehen, um die Krankheit öffentlich zu bestätigen. Jedoch bot sich diese Möglichkeit nicht vielen an, hauptsächlich denjenigen, die wirklich geisteskrank genannt werden und zu den anderen Irren des Städtchens hinzugezählt werden konnten, die man hier lassen konnte, ohne sie ins Krankenhaus zu schicken, jedenfalls nach Meinung derer, die zusammengekommen waren, um zu entscheiden und von Anfang an ein Urteil über die Existenz oder Abwesenheit einer Geisteskrankheit abzugeben.
Die von Geburt an Geisteskranken schickte man gewöhnlich nicht zur Behandlung, falls sie nicht mit Benehmen und Aussehen die vorgegebenen Normen überschritten. Das heißt, daß sie sich nicht aggressiv verhalten und dadurch eine gewisse Gefahr für die Bewohner des Städtchens bilden durften und vor allem das tun mussten, was die Bewohner des Städtchens von ihnen erwarteten. Meistens war das auch der Fall, die Kranken führten sich anständig auf, sie waren gehorsam, und wenn sie auch manchmal ihre Verhaltensnormen überschritten, kamen sie schnell zu sich und zeigten ihr früheres Gesicht, wenn man ihnen nur damit drohte, dass man sie wegen solchen Übermuts in eine Heilanstalt schickten könnte.
So hatten, wie gesagt, im Städtchen die Geisteskranken nicht nur gewisse Privilegien von Seiten der Gesellschaft und des Staats, sondern es wurden auch gewisse Forderungen von privater wie offizieller Seite an sie gestellt. Um einen Menschen als Geisteskranken anzuerkennen, wenn er sich nicht schon von Geburt an als solcher zeigte, sondern das erst später meldete, musste er erst einmal aussehen wie die anderen, schon anerkannten Geisteskranken des Städtchens und alles so machen wie sie. Und sie gingen nie in ein Bad, wuschen sich nicht, schnitten sich nicht die Haare, rasierten sich nicht und verachteten die Verhaltensregen, deren Beachtung für die anderen Bewohner des Städtchens Pflicht war. In eine Bade – oder Rasierstube gingen sie nur dann, wenn jemand eine gewisse Summe aus der eigenen Tasche spendete und sie dorthin mitnahm. Außerdem war noch unter den Geisteskranken das Ausziehen und die Verbrennung der Kleidung an öffentlichen Plätzen sehr weit verbreitet. Einer der älteren Bewohner des Städtchens sagte oft, dass sich die Kranken ohne Kleidung besser fühlten und so die Möglichkeit erhielten, sich von den anderen zu unterscheiden.
Und da zeigte sich der schon erwähnte junge Mensch aus dem Städtchen plötzlich als Geisteskranker, genauer gesagt, er begann sich so zu benehmen wie sie. Er rasierte sich den Kopf im Winter kahl, (im Städtchen schnitt man sich die Haare so erst bei Anbruch der warmen Jahreszeit), zog sein klein kariertes Jackett verkehrt herum an und trug die Pantoffeln am falschen Fuß. Doch das alles reichte längst nicht aus, um von den anderen als ein Mensch anerkannt zu werden, der an Geistesverwirrung litt und sich anders als die anderen benahm, was ihm die Möglichkeit gegeben hätte, zu den Geisteskranken des Städtchens gerechnet zu werden. Bis zu jenem Tag, als er plötzlich die Anzeichen der Geisteskrankheit zeigte, war er einer der Normalbürger und arbeitete als Wachmann in einem Bauunternehmen, und er war schon fünfundzwanzig Jahre alt.
Um ihn als Kranken anzuerkennen, beschlossen etliche Bewohner des Städtchens, ihm ein paar Prüfungen abzuverlangen (man muss sagen, dass sie sich gern und oft um die Geisteskranken versammelten). Er musste am helllichten Tag an einem bevölkerten Platz seine ganze Kleidung ausziehen und sie verbrennen; danach im Zentrum ihres einzigen Parks, wo sich immer viel Volk versammelte, einen der Bäume bepinkeln (wofür jeder andere hinter Gitter gekommen wäre), alle Aufträge ausführen, die jedem aus seiner Umgebung in den Kopf kommen konnten, und das gedankenlos und vor allem ohne jede Aggression.
Der junge Mann, der gestern noch als Wachmann gearbeitet hatte, erduldete die ersten zwei Prüfungen still, ohne jede Verwirrung und führte einige schwierigere Aufträge der ihn umgebenden Menschenmenge aus (nach der Verbrennung der Kleider hatte man ihm, damit er sich mit dem Publikum in den Park begeben konnte, andere Kleider herbeigebracht und sie ihm gegeben, damit der sich mit ihnen bedecken konnte). Doch plötzlich war es, als ob ihn etwas sehr stark erzürnte, er stürzte sich mit lauten Schreien auf die Menge, und es schien dabei, als ob er Funken aus seinen weit aufgerissenen und nun wirklich den Wahnsinn widerspiegelnden Augen sprühen ließ. Obwohl er damals nichts in der Hand hielt, was zur Gefahr für die Leute hätte werden können, wenn er es gegen sie gerichtet hätte, lief die neugierige Menschenmenge auseinander, die zusammengekommen war, um ihn auf die Abwesenheit des gesunden Menschenverstands zu examinieren, und entschied sich, auf weitere Prüfungen zu verzichten. Aggressive Kranke liebte man hier nicht, und man konnte sich nur schwer vorstellen, dass unter den gefügigen und gehorsamen Irren ein Mensch erscheinen konnte, der sich zu jedem beliebigen Bürger des Städtchens feindselig verhält und für alle gefährlich sein kann. Nein, im Städtchen brauchte niemand solchen Kranken, und so beschloss man, ihn in das besagte Krankenhaus zu schicken. So fand sich der junge Mensch, der sich vor kurzem als Geisteskranker zeigte, in der Heilanstalt wieder.
Nun würde ich gern noch etwas darüber sagen, dass man in diesem Volk zur Behandlung der Geisteskranken als einem Fachgebiet der Medizin nicht gerade ermuntert wurde, weil dieses Gebiet hier schwach entwickelt war. Die Leute meinten, dass Gott selbst den Menschen des Verstands beraubt und dass die Menschen sich nicht in seine Angelegenheiten einmischen müssten, und derjenige, welcher sich das als Beruf auswählt, hat entweder selbst eine Neigung zu solcher Krankheit oder er erwirbt sie während seiner Tätigkeit als Arzt, wenn er die ganze Zeit mit den Geisteskranken verbringen muss. Doch deshalb, weil man in vielen Ländern meinte, dass man so ein Krankenhaus braucht und die Leute, die an Geistesverwirrung leiden, behandeln muss, erklärte man sich auch hier mit dem Vorhandensein von „Irrenhäusern“ und Ärzten mit dem verhängnisvollen Fachgebiet einverstanden.
Deshalb, weil in diesem Land die Behandlung der Geisteskranken, also die Psychiatrie weniger Ansehen brachte als die Behandlung aller anderen Kranken, wurde meistens dieses Fachgebiet entweder nur von jenen gewählt, die den Arztberuf ergreifen wollte oder deren Begabung ungenügend angesehen wurde, oder von jenen, die in anderen Gebieten der Medizin bisher keinen Erfolg hatten. Wer in den „Irrenhäusern“ arbeitete, gab sich keine Mühe, Kenntnisse zu erwerben, und selbst wenn sie es gewollt hätten, wäre dies wohl kaum möglich gewesen, weil im Land der Boden dafür nicht bereitet war. Auch wurden diese Kenntnisse von anderer Seite weder erwartet noch gefordert. Die Psychiater drückten eher den Angehörigen ihr Mitgefühl aus, führten mit ihnen Gespräche über die alltäglichen Schwierigkeiten des Kranken und verlangten mit ihnen von Gott, er möge sie heilen, was von der anderen Seite nicht immer erwünscht war. Den Gerüchten nach, die im Städtchen kursierten, behandelte man in diesen Krankenhäusern ihre aggressiven Bewohner mit der Spritze, um sie ruhig zu stellen. Auch bei dem jungen Menschen, dem früheren Wachmann, der den Verstand verloren hatte, wurde offensichtlich diese Methode angewandt, und das für immer. Nach altem Volksglauben war man im Städtchen überzeugt, dass die Geisteskranken durch irgend etwas bei der Erfüllung unerfüllbar scheinender Wünsche helfen könnten, wenn man zuvor einem von ihnen eine Belohnung für den Fall versprach, daß der Wunsch in Erfüllung ginge . Einer jener Glückssucher beschloss, eines Tages den Sohn des Arztes zu besuchen, von dem wir anfangs gesprochen hatten. Weil er sein Versprechen wahr machen wollte nach dem seine Wunsch erfüllt worden war. Als er das Haus des Arztes besuchte, zog er unerwartet den Zorn des Hausherrn auf sich, der ihn mit beleidigenden Ausdrücken vom Hof jagte. Der Mensch, der die bislang nie beobachtete Wut des Arztes verursacht hatte, verließ das Haus eines der am meisten geachteten Bürger des Städtchens in tiefem Zweifel. Unbedingt muss man hier erwähnen, dass früher keiner der Bewohner des Städtchens, zur Erfüllung eines Wunsches, an eine Belohnung des kranken Arztsohnes gedacht hatte. Da hatte nun einer an den Sohn des Arztes gedacht und war dann später wohl kaum mit seiner Handlung zufrieden. Von diesem Vorgang erfuhr man im ganzen Städtchen recht schnell. Alle, obwohl sie erstaunt darüber waren, dass der Vater des Kranken sich das erlauben konnte, wo er doch der am meisten geachtete Mann des Städtchens war und man früher nie von ihm gehört hatte, dass er gegen jemanden die Stimme erhoben hätte, beschuldigten den allzu neugierigen Glückssucher, dass er wahrscheinlich bei seinem Wunsch nicht an den Sohn des Arztes hätte denken dürfen, es gäbe doch andere Geisteskranke im Städtchen genug. Doch der Mann, der den Zorn des Arztes erlitten hatte, sagte auch, dass es ihm schiene, als ob der Sohn des Heilers größere Kräfte als andere hätte, um auf den Gang der Dinge einzuwirken, und der Arzt wisse unbedingt davon und verberge daher seinen Sohn so sorgfältig vor den Leuten. Die Mehrheit glaubte ihm und bedauerte, dass es keine Möglichkeit gab, auch seine Kraft für den Erfolg zu nutzen. Doch der vom Hof des Arztes Vertriebene erklärte, daß man beim Wunsche nach wie vor auch an den Sohn des Arztes denken, doch im Fall des Erfolgs andere Geisteskranke belohnen könne, es dürfte nur niemandem erzählt werden um nicht irgendwann wieder die Wut des Arztes zu erregen.
Da niemand mehr den Arzt erzürnt sah, dürften wir annehmen, dass die Bewohner des Städtchens diese Vorschrift streng einhielten.
Baku, 1998-1999